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Pflegezeit und Familienpflegezeit - Pflege und Beruf vereinbaren
Angehörige zu pflegen und gleichzeitig berufstätig zu sein, kann schwierig sein. Pflegezeit und Familienpflegezeit sollen helfen, dies besser zu vereinbaren. Beschäftigte, die nahe Angehörige pflegen, können sich dabei vorübergehend vollständig oder teilweise freistellen lassen. Hier erfahren Sie mehr über die möglichen Modelle.
Auf einen Blick
Die Pflegezeit ist auf maximal sechs Monate begrenzt.
Familienpflegezeit bedeutet: Der oder die pflegende Angehörige arbeitet weiterhin mindestens 15 Stunden pro Woche. Die Höchstdauer liegt bei 24 Monaten.
Pflegezeit und Familienpflegezeit können auch kombiniert werden, dürfen zusammen aber die Gesamtdauer von 24 Monaten je pflegebedürftigem nahem Angehörigen nicht überschreiten.
Sie ermöglichen es pflegenden Angehörigen, sich vorübergehend vollständig oder teilweise von der Arbeit freistellen zu lassen.
In akut auftretenden Pflegesituationen haben Beschäftigte das Recht, der Arbeit bis zu zehn Arbeitstage fernzubleiben, um eine geeignete Pflege für einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen zu organisieren oder die pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen.
Wer Pflegezeit oder Familienpflegezeit beansprucht, kann ein zinsloses Pflege-Darlehen beantragen.
Pflegezeit und Familienpflegezeit: Der Arbeitsplatz bleibt bestehen
Wer einen pflegebedürftigen Angehörigen versorgt, kann unter bestimmten Voraussetzungen Pflegezeit und/oder Familienpflegezeit in Anspruch nehmen. Im Rahmen der Pflegezeit ist eine vollständige oder teilweise Freistellung von bis zu sechs Monaten möglich. Im Rahmen der Familienpflegezeit können sich Beschäftigte bis zu 24 Monate teilweise von der Arbeit freistellen lassen. Pflegezeit und Familienpflegezeit dürfen zusammengerechnet 24 Monate nicht übersteigen.
Pflegezeit kann maximal für sechs Monate in Anspruch genommen werden. Sie ist unabhängig vom Pflegegrad des Angehörigen.
Ähnlich wie bei der Elternzeit bleiben auch bei der Pflegezeit beziehungsweise der Familienpflegezeit der Arbeitsplatz und die soziale Sicherung erhalten – auch, wenn das Arbeitsverhältnis bei vollständiger Freistellung ruht. Fehlendes Einkommen kann durch ein zinsloses Pflege-Darlehen ausgeglichen werden.
Was ist Pflegezeit?
Seit 2008 können Beschäftigte, die einen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen, nach dem Pflegezeitgesetz eine unbezahlte Freistellung von der Arbeit in Anspruch nehmen oder eine Reduzierung der Arbeitszeit vereinbaren. Gleiches gilt, wenn Beschäftigte einen minderjährigen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher oder außerhäuslicher Umgebung betreuen.
Eine Freistellung ist auch möglich, um einen nahen Angehörigen zu begleiten, der eine schwere, progredient verlaufende Erkrankung im Endstadium hat, bei der eine Heilung ausgeschlossen ist und die lediglich eine begrenzte Lebenserwartung von Wochen oder wenigen Monaten erwarten lässt und eine palliativmedizinische Betreuung benötigt.
Wichtig zu wissen: Pflegezeit ist unabhängig vom Pflegegrad des Angehörigen. Sie kann maximal für sechs Monate in Anspruch genommen werden, in Fällen der Sterbebegleitung für drei Monate.
Ein Rechtsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber besteht in Betrieben mit mehr als 15 Beschäftigten. Wer Pflegezeit in Anspruch nehmen will, muss dies seinem Arbeitgeber spätestens zehn Arbeitstage vor dem geplanten Start schriftlich ankündigen. Es muss dabei angegeben werden, für welchen Zeitraum und in welchem Umfang die Freistellung gelten soll (teilweise oder komplette Freistellung). Bei nur teilweiser Freistellung sind die gewünschten Arbeitszeiten anzugeben. Zudem müssen der Arbeitgeber und die oder der Beschäftigte bei nur teilweiser Freistellung eine schriftliche Vereinbarung über die Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit treffen. Hierbei muss der Arbeitgeber den Wünschen der oder des Beschäftigten entsprechen – es sei denn, dringende betriebliche Gründe stehen dem entgegen.
Vom Zeitpunkt der Ankündigung an, höchstens jedoch ab zwölf Wochen vor dem geplanten Beginn bis zum Ende der Pflegezeit besteht ein besonderer Kündigungsschutz.
Was ist Familienpflegezeit?
Auch auf Familienpflegezeit besteht ein Rechtsanspruch. Diese kann länger in Anspruch genommen werden als die Pflegezeit, sie sieht aber keine vollständige Freistellung vor.
Wichtig zu wissen: Bei der Familienpflegezeit kann die Arbeitszeit für höchstens 24 Monate auf bis zu 15 Wochenstunden im Jahresdurchschnitt verringert werden. Auch hier ist der Anspruch unabhängig vom Pflegegrad.
Die Familienpflegezeit ermöglicht es pflegenden Angehörigen, mehr Zeit für die häusliche Pflege naher Angehöriger zu haben. Eine Freistellung ist auch für die außerhäusliche Betreuung eines minderjährigen pflegebedürftigen Angehörigen möglich.
Ein Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit besteht nur gegenüber einem Arbeitgeber mit mehr als 25 Beschäftigten – dabei werden Auszubildende nicht mitgezählt.
Wer Familienpflegezeit nehmen will, muss dies dem Arbeitgeber acht Wochen vorher ankündigen und erklären, für welchen Zeitraum und in welchem Umfang die Arbeitszeit reduziert werden soll. Stehen dem keine dringenden betrieblichen Gründe entgegen, muss der Arbeitgeber den Wünschen des Beschäftigten entsprechen. Die Familienpflegezeit wird inklusive der Verteilung der Arbeitszeit schriftlich vereinbart.
Besteht in kleineren Unternehmen kein Anspruch auf Freistellung, kann der Arbeitgeber auch freiwillig Pflegezeit oder Familienpflegezeit ermöglichen.
Pflegezeit und Familienpflegezeit lassen sich auch miteinander kombinieren. Die Freistellungen müssen in diesem Fall jedoch unmittelbar aneinander anschließen und dürfen insgesamt höchstens 24 Monate dauern.
Kurzzeitige Arbeitsverhinderung
In Fällen einer akut aufgetretenen Pflegesituation bei einem nahen pflegebedürftigen oder voraussichtlich pflegebedürftigen Angehörigen besteht das Recht, der Arbeit bis zu zehn Arbeitstage fernzubleiben, um eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder die pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen. Dieses Recht haben Beschäftigte unabhängig davon, wie viele Arbeitnehmer der Arbeitgeber beschäftigt.
Angehörigen von Pflegebedürftigen wird hiermit geholfen, kurzfristig eine Pflege zu organisieren, zum Beispiel nach einem Schlaganfall, sofern hierdurch eine Pflegebedürftigkeit eintritt oder voraussichtlich eintritt. Dem Arbeitgeber müssen die Arbeitsverhinderung sowie deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitgeteilt werden. Sofern vom Arbeitgeber gewünscht, muss zudem eine ärztliche Bescheinigung über die (voraussichtliche) Pflegebedürftigkeit der oder des Angehörigen sowie die Erforderlichkeit der Organisation der Pflege oder der Sicherstellung der pflegerischen Versorgung vorgelegt werden.
Im Rahmen der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung ist der Arbeitgeber zur Fortzahlung der Vergütung nur verpflichtet, soweit sich eine solche Verpflichtung aus anderen gesetzlichen Vorschriften ergibt.
Als Ausgleich für entgangenes Arbeitsentgelt können Beschäftigte ein auf insgesamt bis zu zehn Arbeitstage begrenztes Pflegeunterstützungsgeld in Anspruch nehmen.
Das Pflegeunterstützungsgeld muss unverzüglich bei der Pflegekasse beziehungsweise dem privaten Pflegeversicherungsunternehmen der oder des pflegebedürftigen nahen Angehörigen beantragt werden. Notwendig ist hierfür die ärztliche Bescheinigung über die (voraussichtliche) Pflegebedürftigkeit der beziehungsweise des Angehörigen, die die Erforderlichkeit der Arbeitsbefreiung deutlich macht.
Wer hat Anspruch?
Wer kann Pflegezeit, Familienpflegezeit und kurzzeitige Arbeitsverhinderung in Anspruch nehmen?
Zu den nahen Angehörigen, für die Pflegezeit, Familienpflegezeit und kurzzeitige Arbeitsverhinderung in Anspruch genommen werden können, gehören:
- Großeltern und Eltern, Schwiegereltern und Stiefeltern
- Ehegatten, Lebenspartner, Partner in einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft
- Geschwister, Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten
- Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner
- Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder
- Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners, Schwiegerkinder und Enkelkinder
Auch Beamtinnen und Beamte sowie Soldatinnen und Soldaten haben seit 2016 die Möglichkeit, Pflegezeit und Familienpflegezeit in Anspruch zu nehmen. Die hier dargestellten Regelungen wurden im Wesentlichen wirkungsgleich übertragen.
Soziale Absicherung
Ob Pflegezeit oder Familienpflegezeit: Die Bedingungen für die soziale Absicherung des pflegenden Angehörigen sind bei beiden Modellen gleich.
Während einer Familienpflegezeit sowie einer Pflegezeit mit nur teilweiser Freistellung besteht der Versicherungsschutz in der Kranken-, Pflege-, Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung grundsätzlich im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses fort.
Pflegepersonen sind unter bestimmten Voraussetzungen im Rahmen der Pflegetätigkeit sozial abgesichert. Die individuelle Prüfung wird von der Pflegeversicherung vorgenommen.
Informationen zur sozialen Absicherung von Pflegeperson werden auf der Seite des Bundesgesundheitsministeriums und dem Serviceportal Pflege dargestellt.
Informationen zum Unfallversicherungsschutz von Pflegepersonen erhalten Sie auf der Seite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
Zinsloses Darlehen
Wer Pflegezeit oder Familienpflegezeit in Anspruch nimmt, verzichtet vorübergehend auf Einkommen. Beschäftigte haben die Möglichkeit, während der Freistellung zur Pflege eines nahen Angehörigen (Pflegezeit und/oder Familienpflegezeit) ein zinsloses Darlehen zu beantragen. Dieses wird in monatlichen Raten in Höhe der Hälfte der Differenz zwischen dem pauschalierten monatlichen Nettoentgelt vor und während der Freistellung ausbezahlt, um die Einkommenseinbußen abzufedern. Die monatliche Darlehensrate ist auf den Betrag begrenzt, der bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit während der Familienpflegezeit von 15 Wochenstunden zu gewähren ist. Nach Ende der Freistellungen muss das Darlehen zurückgezahlt werden.
Das zinslose Darlehen wird beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragt.
Weitere Hinweise zu dem Darlehen finden Sie auf den Informationsseiten des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Antragsformulare gibt es zum Download im Servicebereich.
Weitere Informationen
Pflegetelefon des Bundesfamilienministeriums
Telefonische Beratung und schnelle Hilfe für pflegende Angehörige bietet das Pflegetelefon des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: 030 20179131
Beratungs- und Hilfsangebot für pflegende Kinder und Jugendliche
Die Website www.pausentaste.de bietet Informationen für Kinder und Jugendliche, die sich um Familienangehörige kümmern. Hier gibt es Erfahrungsberichte, Interviews und Leseempfehlungen sowie eine Datenbank mit Beratungsstellen.
Die Telefon- und E-Mail-Beratung übernimmt die Nummer gegen Kummer: 116 111
Quelle: Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Referat 524 „Nationales Gesundheitsportal“ (21.08.2020), https://gesund.bund.de/pflegezeit-und-familienpflegezeit (Stand: 11.09.2021)