Mit Depression umgehen

Beobachten Sie bei sich selbst oder Nahestehenden depressive Stimmung, Antriebslosigkeit oder Interessenverlust? In diesem Beitrag erfahren Sie, was eine Depression ist und was Sie dagegen tun können: Negativen Gedanken und Rückzug werden alternative Gedanken und hilfreiches Verhalten entgegengesetzt.


Auf einen Blick

Die Depression ist eine der häufigsten psychischen Erkrankungen in Deutschland, doch wenige Menschen mit einer Depression suchen und finden professionelle Unterstützung.

Häufig kommt es bei einer Depression zu einem Rückzug, der eine Abwärtsspirale in Gang setzen kann.

Depressive Gedanken sind oft gekennzeichnet durch Schwarz-Weiß-Denken und Überbetonung des Negativen.

Es kann helfen, schwierige Situationen zu analysieren, negative Gedanken zu erkennen und diese durch positive Gedanken zu ersetzen.

Hilfreich ist, Dinge trotz fehlender Lust zu tun und sich realistische Ziele zu setzen. Auch der Austausch mit anderen Betroffenen kann helfen.

Hinweis: Die Informationen dieses Artikels können und sollen einen Arztbesuch nicht ersetzen und dürfen nicht zur Selbstdiagnostik oder -behandlung verwendet werden.


Was ist eine Depression?

In Deutschland erkranken jedes Jahr rund 8 Prozent der Menschen an einer Depression. Doch nur bei etwa einem Drittel dieser Menschen wird die Erkrankung diagnostiziert. Und nur etwa 4 Prozent der Menschen mit einer Depression erhalten für längere Zeit eine angemessene Behandlung.

Dieser Beitrag richtet sich insbesondere an Menschen, die noch nicht einordnen können, ob sie tatsächlich depressiv sind oder eine „normale” Traurigkeit oder Niedergeschlagenheit erleben, sowie an deren Angehörige. Zudem richtet er sich an Menschen, die bereits eine Diagnose erhalten haben, aber noch auf einen Therapieplatz warten müssen oder sich (noch) nicht für eine Behandlung entscheiden können.

Die wichtigsten Anzeichen einer Depression sind:

  • gedrückte Stimmung
  • Interessenverlust und Freudlosigkeit
  • Antriebslosigkeit und erhöhte Ermüdbarkeit (oft selbst nach kleinen Anstrengungen) sowie Aktivitätseinschränkung
  • verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
  • vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
  • Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit
  • negative und pessimistische Zukunftsperspektiven
  • Selbsttötungsgedanken, Selbstverletzung oder Selbsttötungshandlungen
  • Schlafstörungen
  • verminderter Appetit
  • verminderte Libido

Depressive Symptome können durch belastende Ereignisse wie Trennung, Krankheit oder den Tod nahestehender Menschen ausgelöst werden. Eine Depression kann aber auch ohne erkennbaren Auslöser auftreten.


Worin liegt der Unterschied zwischen starker Trauer und Depression?

Bei anhaltender Trauer nach einem Verlust steht im Gegensatz zur Depression die Sehnsucht nach der oder dem Verstorbenen im Fokus. Es kann jedoch auch vorkommen, dass sich zusätzlich zur Trauer eine Depression entwickelt. Ziel bei anhaltender Trauer ist es, den Verlust zu akzeptieren und den emotionalen Schmerz zu verarbeiten.


Was ist typisches Verhalten bei einer Depression?

Mit der Verschlechterung der Stimmung, Interessenverlust und Antriebslosigkeit geht in einer depressiven Phase sehr häufig ein Rückzug einher. Das schützt Menschen mit Depressionen zunächst vor Situationen, die im Alltag zunehmend negative Gefühle auslösen. Daraus entsteht jedoch häufig eine Abwärtsspirale.

Beispielsweise kann es für Menschen mit einer Depression zunächst entlastend sein, durch eine Krankschreibung den Anforderungen bei der Arbeit nicht mehr ausgesetzt zu sein. Da jedoch die Strukturierung des Alltags durch die Arbeit ebenfalls wegfällt, haben Betroffene mehr Zeit zum Grübeln. Die unangenehmen Gefühle werden stärker. Zudem fallen auch die positiven Aspekte der Arbeit weg, beispielsweise nette Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen sowie kleine Erfolgserlebnisse.

Oft wird es dann auch als zu belastend empfunden, Freundinnen und Freunde zu treffen oder Hobbys nachzugehen. Menschen isolieren sich in dieser Phase oft sozial immer mehr. Da sie nun auch körperlich weniger aktiv sind, können sie noch anfälliger für negative Gedanken und Gefühle werden.

Menschen mit einer Depression verbringen nun immer mehr Zeit im Bett, wünschen sich oft nur noch zu schlafen und halten ihren Zustand gleichzeitig nicht mehr aus. Insbesondere an diesem Punkt können Suizidgedanken auftreten.


Was kann man bei depressiver Stimmung anders machen?

Vielleicht erkennen Sie einige der beschriebenen Verhaltensweisen bei sich wieder. Je früher Sie eine solche Abwärtsspirale unterbrechen können, desto besser.

Dinge trotzdem tun

Für viele Menschen mit Depressionen fühlt es sich so an, als wäre es egal, was sie tun. Nichts scheint mehr Freude zu bereiten. Es ist verständlich, dass man nicht mehr aufstehen will, wenn man an diese Gedanken glaubt. In Psychotherapien zeigt sich jedoch oft, dass diese Einschätzung nicht ganz stimmt.

Wenn Menschen sich in einer depressiven Phase dazu überwinden können, beispielsweise joggen zu gehen oder Entspannungsübungen zu machen, dann bessert sich die Stimmung meistens – zumindest ein wenig. Auch unangenehme Aufgaben zu bewältigen, zum Beispiel im Haushalt, kann sich im Nachhinein gut anfühlen.

Realistische Ziele

Die negative Abwärtsspirale kann unterbrochen werden, indem man die eigenen Ziele an den aktuellen Zustand anpasst. Stellen Sie sich eine Person vor, die in ihrem Job normalerweise ein großes Publikum mit Vorträgen begeistert. Wie sollte diese Person es nun als Erfolg werten, aus dem Bett aufzustehen und einen Spaziergang zu machen? Das ist eine schwierige Aufgabe. Aber wenn es ihr aufgrund der Depression eine Woche lang gar nicht gelungen ist, das Haus zu verlassen, dann ist ein Spaziergang ein erstes erreichbares Ziel – und es ist hilfreich, das Spazierengehen als Erfolg zu werten.

Wie würde man die beste Freundin oder den besten Freund in dieser Situation behandeln oder bewerten? Wenn Sie ihre oder seine kleinen Erfolge würdigen würden, tun Sie es bei sich selbst genauso.

Niemand ist mit der Depression allein

Ratschläge wie „Gib dir einfach einen Ruck” oder „Es ist ja wohl nicht alles schlecht” basieren auf der Annahme, dass Menschen mit Depressionen einfach einen Schalter umlegen müssten, damit sie wieder funktionieren. Es fehlt hier an Verständnis für die Depression.

Verständnis findet man dagegen bei anderen Betroffenen. Denn tatsächlich ist kein Mensch in einer depressiven Phase allein. Es gibt allein in Deutschland Millionen von Menschen, denen es ähnlich geht.

Wenn Sie eine Depression haben, können Sie zum Beispiel eine Selbsthilfegruppe besuchen. Eine deutschlandweite Datenbank für Angehörigen- und Selbsthilfegruppen bietet die Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS).

Das Deutsche Bündnis gegen Depression der Stiftung Deutsche Depressionshilfe verfolgt das Ziel, die gesundheitliche Situation depressiver Menschen zu verbessern. Zudem macht das Bündnis gegen Depression es sich zur Aufgabe, das Wissen über die Krankheit in der Bevölkerung zu erweitern und Suiziden vorzubeugen.


Was kann bei negativen oder depressiven Gedanken helfen?

Oft laufen Gedanken so automatisch ab, dass man gar nicht merkt, wie sehr sie die Stimmung beeinflussen. Bevor man sie ändern kann, ist es daher wichtig, negative Gedanken zu bemerken und zu erkennen. In einer Psychotherapie geht es unter anderem darum zu verstehen, welche Gedanken starken Veränderungen der Stimmung zugrunde liegen. Wenn depressive Gedanken erkannt wurden, ist es möglich, sie zu ändern.

Es gibt bestimmte „Denkmuster“, die negativen Gefühlen besonders häufig zugrunde liegen:

Verallgemeinerungen

Depressiver Gedanke: „Meine Freundin hat das Treffen abgesagt. Das zeigt, dass mich niemand liebt.“

Hilfreicher Gedanke: „Meine Freundin sagt auch anderen Freundinnen oft ab und ist aktuell im Stress. Das hat nichts mit mir zu tun. Davon abgesehen bin ich auch liebenswert, wenn manche mich nicht mögen.”

Ereignisse persönlich nehmen

Depressiver Gedanke: „Mein Partner hat mich betrogen. Darin zeigt sich, dass ich nicht liebenswert bin.“

Hilfreicher Gedanke:„Dass ich liebenswert bin, ist völlig unabhängig vom Verhalten meines Partners.”

Schwarz-Weiß-Denken

Depressiver Gedanke: „Dinge sind entweder gut oder schlecht. Ich mache so viele Fehler, also bin ich schlecht.“

Hilfreicher Gedanke: „Jeder Mensch macht Fehler und kein Mensch ist nur schlecht oder nur gut. Ich bin trotz meiner Fehler in Ordnung.”

Unrealistische Wünsche

Depressiver Gedanke: „Ich sollte schöner und erfolgreicher sein.”

Hilfreicher Gedanke: „Ich akzeptiere mich so, wie ich bin. Es sei denn, ich wünsche mir eine konkrete, erreichbare Veränderung.”

Überbetonung des Negativen

Depressiver Gedanke: „Die Kundengespräche waren okay. Aber dass ich diese Aufgabe nicht fertigbekomme, wird mich den Job kosten.”

Hilfreicher Gedanke: „Bei meiner besten Freundin würde ich die Situation auch nicht so katastrophal einschätzen und das Positive nicht ausblenden.”

Typische Gedanken bei anhaltender Dauer

Wenn ein geliebter Mensch stirbt, dann können bestimmte Gedanken oder Haltungen es schwierig machen, den Verlust zu verarbeiten. Auch in dieser Situation kann es helfen, über alternative, hilfreiche Gedanken nachzudenken.

Beispielgedanke 1:

Hinderlicher Gedanke: „Ich verrate meine Liebe zu ihm/ihr, wenn ich mein Leben weiterlebe.“

Hilfreicher Gedanke: „Sie/er würde mir wünschen, dass ich glücklich weiterlebe.“

Beispielgedanke 2:

Hinderlicher Gedanke: „Ich hätte den Tod verhindern können, wenn ich XY getan hätte.“

Hilfreicher Gedanke: „Ich habe getan, was ich mit meinem damaligen Wissen tun konnte.“

Beispielgedanke 3:

Hinderlicher Gedanke: „Ich möchte ohne sie/ihn nicht mehr leben.“

Hilfreicher Gedanke: „Sie/er würde nicht wollen, dass ich so sehr leide.“

Beispielgedanke 4:

Hinderlicher Gedanke: „Es ist so ungerecht, dass sie/er sterben musste.“

Hilfreicher Gedanke: „Ihr/Sein Leid hatte endlich ein Ende.“


Eine depressive Phase geht vorbei

Manche Menschen mit einer Depression haben das Gefühl, dass dieser Zustand nie vorbeigeht. Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit fühlen sich oft so an, als würden sie für immer bleiben. Doch das ist nicht so: Im Durchschnitt dauert eine depressive Phase etwa 16 Wochen. Für die große Mehrheit der Menschen mit Depressionen gilt also: „Diese schwierige Phase geht bald vorbei!”


Wie kann man depressive Gedanken erkennen und verändern?

In einer Situationsanalyse geht es darum, sich emotional belastende Erlebnisse wie unter einer Lupe genauer anzuschauen. Die Situation sollte dabei zunächst neutral und sachlich beschrieben werden. Wichtig ist es dann, herauszufinden, welche Gedanken mit den belastenden Gefühlen in Verbindung stehen.

Situation, Gedanken und Gefühl

Was ist konkret passiert? Ein Beispiel: Eine Freundin sagt eine Verabredung per Nachricht ab. Am Vortag hatte bereits ein Freund abgesagt. Es gehen der Person folgende Gedanken durch den Kopf. „Mir wird dauernd abgesagt, gestern Tom, heute Sara. Es hat einfach niemand mehr Lust, mich zu treffen. Ich bin wertlos. Ich halte das nicht mehr aus.“ Die Person bewertet die Situation für sich als schrecklich und hoffnungslos. Das stärkste Gefühl ist Niedergeschlagenheit.

Negative Gedanken überprüfen

Im nächsten Schritt geht es nun darum, die negativen Gedanken zu überprüfen und alternative, hilfreiche Gedanken zu formulieren. Diese können in Zukunft dabei helfen, sich in ähnlichen Situationen besser zu fühlen. Dazu kann es zunächst hilfreich sein, nach Beweisen für die negativen Gedanken zu suchen: „Zwei Freundinnen haben an zwei Tagen hintereinander abgesagt. Das sind die Fakten. Aber für meine Schlussfolgerung, dass ich wertlos bin und es nicht mehr aushalte, finde ich gerade keine Beweise, außer dass ich wirklich ziemlich erschöpft bin.“

Hilfreiche Gedanken entwickeln

Daraufhin fällt es der Person leichter, hilfreiche Gedanken zu entwickeln: „Meine Freundin wird schon die Wahrheit sagen und muss heute für ihren Sohn da sein. Das hat nichts damit zu tun, dass sie mich nicht mag oder mich nicht treffen will.“ Ihre Stimmung bessert sich ein wenig, wenn sie sich diese Gedanken vor Augen führt: „Ich fühle mich weniger niedergeschlagen. Etwas traurig bin ich, dass es nicht geklappt hat mit dem Treffen, aber auch ein wenig zuversichtlicher.“

Wichtig zu wissen: Sie können versuchen, diese Vorgehensweise auf Situationen in Ihrem Leben zu übertragen. Einfacher ist dies im Rahmen einer kognitiven Verhaltenstherapie.


Wann benötigt man eine Behandlung?

Sowohl eine Psychotherapie als auch verschiedene Medikamente gegen Depression sind für die meisten Menschen wirksam. Je früher eine Depression psychotherapeutisch oder medikamentös behandelt wird, desto besser sind die Heilungschancen.

Sobald Sie sich fragen, ob Sie depressiv sein könnten, sprechen Sie mit Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt darüber. Wenn Ihre Beschwerden gerade erst aufgetreten und eher leicht sind, können Sie in Absprache mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt abwarten, ob die Symptome von allein wieder abklingen. Sie sollten allerdings einen Folgetermin innerhalb von zwei Wochen vereinbaren, um gemeinsam einzuschätzen, wie sich die Beschwerden entwickelt haben.

Wenn Ihre Stimmung sich nach insgesamt zwei Wochen nicht bessert, sollten Sie einen Termin für eine psychotherapeutische oder psychiatrische Sprechstunde vereinbaren. Über die Möglichkeit einer medikamentösen Behandlung können Sie auch zunächst mit Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt sprechen.


Wie findet man professionelle Hilfe?

Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sowie Psychiaterinnen und Psychiater in Ihrer Umgebung finden Sie über die Kassenärztliche Vereinigung. Rufen Sie dazu unter 116 117 an oder nutzen Sie die Online-Arztsuche.

Weitere Informationen zur Psychotherapeutensuche und zur Einordnung Ihrer emotionalen Belastung finden Sie auf der Seite „Wege zur Psychotherapie“ der Bundespsychotherapeutenkammer.

Quelle: Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Referat 524 „Nationales Gesundheitsportal“ (23.07.2021), https://gesund.bund.de/gesunde-ernaehrung (Stand: 28.09.2021)