Warum unser Gesundheitssystem Menschlichkeit statt Rendite braucht
In einer Welt, in der alles effizient, profitabel und kostendeckend sein soll, hat sich ein Gedanke tief in unser Gesundheitssystem eingeschlichen: Gesundheit als Ware. Was einst ein solidarisches Grundrecht war, wird zunehmend nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten organisiert – mit gravierenden Folgen für Patientinnen, Pflegekräfte, Ärztinnen und letztlich für uns alle.
Der Status quo: Ein System unter Druck
Seit Jahrzehnten vollzieht sich in Deutschland ein Wandel: weg von gemeinwohlorientierter Versorgung, hin zu betriebswirtschaftlichen Zielvorgaben. Kliniken stehen unter wirtschaftlichem Druck. Pflegeeinrichtungen müssen profitabel arbeiten. Therapeutische Angebote werden nach Fallzahlen, nicht nach Bedarf kalkuliert.
Ein zentrales Problem war lange das Fallpauschalensystem (DRG), bei dem Krankenhäuser für jede Diagnose einen festen Betrag erhalten – unabhängig vom tatsächlichen Aufwand. Das führte dazu, dass lukrative Eingriffe bevorzugt, aber chronisch kranke, ältere oder multimorbide Patient*innen als „unrentabel“ eingestuft wurden.
Die Krankenhausreform 2024/2025 – ein Schritt, aber kein Systemwechsel
Die Bundesregierung hat im Rahmen der aktuellen Reform erste Schritte eingeleitet, um den rein ökonomischen Druck zu entschärfen. Fallpauschalen sollen künftig durch sogenannte „Vorhaltepauschalen“ ergänzt werden. Das heißt: Krankenhäuser erhalten für bestimmte Leistungen – wie Notfallversorgung, Geburtshilfe oder Intensivmedizin – eine Grundfinanzierung, unabhängig von der Fallzahl.
Das Ziel: weg vom Denken in Stückzahlen, hin zu einer bedarfsgerechten, flächendeckenden Grundversorgung.
Doch Expert*innen sind sich einig: Die Reform greift zu kurz.
Solange das Gros der Finanzierung weiterhin an Fallzahlen gebunden ist, bleibt das Grundproblem bestehen: medizinische Entscheidungen unter wirtschaftlichem Druck. Viele Kliniken kämpfen trotz Reform weiter mit Unterfinanzierung, Personalnot und dem Zwang zur Gewinnorientierung.
Wenn Rendite wichtiger wird als Heilung
Gesundheit darf kein Luxusgut sein – doch genau darauf steuern wir zu:
Gesundheit ist ein Menschenrecht – kein Geschäftsmodell
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) formuliert klar: Gesundheit ist ein fundamentales Menschenrecht. Dieses Recht muss frei von kommerziellen Interessen geschützt werden. Doch in der Praxis klaffen Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander.
Solidarität statt Selektion
Ein solidarisches Gesundheitssystem erkennt an, dass Gesundheit mehr ist als eine Dienstleistung. Sie ist ein Grundpfeiler für Teilhabe, Freiheit und Lebensqualität – und darf nicht den Regeln des Marktes unterworfen sein.
Was sich ändern muss – ein Appell an die Politik
Was du tun kannst
Auch als Bürger*in oder Fachkraft kannst du einen Unterschied machen:
Fazit: Gesundheit muss wieder menschlich werden
Gesundheit ist kein Produkt. Sie ist ein grundlegendes Bedürfnis, ein Ausdruck von Würde und ein Maßstab für die Menschlichkeit einer Gesellschaft. Die Krankenhausreform war ein Schritt – aber kein Durchbruch. Jetzt ist es an uns allen, die Stimme zu erheben und dafür zu kämpfen, dass Gesundheit wieder ihrem eigentlichen Zweck dient: dem Menschen.
Gesundheit darf kein Geschäftsmodell sein – sondern muss Herzenssache bleiben.